Mit etwas zeitlichem Abstand möchte ich ein Fazit ziehen. Ich habe während der Tour viele verschiedene Erfahrungen gemacht und viel gelernt. Froh bin ich aber, dass meine gründlichen Planungen weitestgehend aufgegangen sind und wir ohne größere Verletzungen und ohne schwere Unfälle heil und auch ziemlich genau im Zeitplan in Dénia angekommen sind, wenn auch die Tour streckenmäßig etwas länger wurde als vorgesehen.
Die Aspekte im einzelnen
- Deutschland, Frankreich, Spanien: Vor allem in Frankreich haben wir auf der Tour sehr gute Erfahrungen mit sehr freundlichen Menschen gemacht. Radtourenden gegenüber ist man offensichtlich sehr aufgeschlossen und oft auch sehr interessiert.
- Das Fahrrad (Riese & Müller Supercharger mit Rohloff 14): Da ich schließlich dann eigentlich alleine fahren wollte und somit etwa 120 bis 140 Tageskilometer im Durchschnitt eingeplant hatte, war mir eine ausreichende Akkukapazität wichtig (2 x 500 Wh). (Anmerkung: 500 Wh/Tag hätten auch gereicht.) Da ich auch relativ viel Gepäck mitführen wollte suchte ich ein Fahrrad, welches auch mit fünf Packtaschen stabil läuft und auch bei höheren Geschwindigkeiten problemlos zu fahren ist. Zusammen mit der Rohloff-Schaltung hat mich das Tourenrad voll überzeugt. Zwei kleine Punktabzüge: a) Zweimal am Berg hakte die Schaltung komplett beim Herunterschalten, sodass ich fast gestürzt wäre (Klickpedale). b) Nach ca. 1.000 km funktionierte die Schaltung für die Unterstützungsstufen nicht mehr korrekt; ich konnte mir aber behelfen, sodass während der Tour keine Reparatur notwendig war (Nach der Tour erfolgte eine Reparatur auf Garantie.).
- Die Ausrüstung: Was man so mitnimmt für drei Wochen – Radbekleidung für warmes, kühles und regnerisches Wetter, Kleidung für abends und nachts, zwei Handtücher, Erste-Hilfe-Material incl. einiger Tabletten gegen Schmerzen etc., Reparaturmaterial incl. Ersatzschlauch, drei Trinkflaschen (auch wichtig bei einem Verbrauch von drei bis vier Litern/100 km), ein Smartphone zur Navigation und Zimmerbuchung etc., ein Tablet, Kosmetikartikel inclusive diverser Sitzcremes (sehr wichtig!), Sonnencreme und Mückenschutz, ein dünner Notfallschlafsack etc.
- Die Route: Ich glaube, ich habe mit dem Verlauf entlang der Mosel, dann entlang der Saone bis zur Mündung in die Rhone (La Voie Bleue), entlang der Rhone bis etwa zur Camargue (Rhone-Radweg), dann entlang der Mittelmeerküste bis zu den Pyrenäen, von dort über Figueres, Barcelona, Valencia und Gandia bis nach Denia eine recht gut zu fahrende Strecke ausgewählt. Sie war sicherlich nicht die kürzeste, aber mir ging es darum, möglichst entlang der Flussläufe (auch landschaftlich meist schöner) zu radeln. In Deutschland und Frankreich waren die Routenführungen bzw. Radwege meist vorbildlich, im Norden Spaniens wurde es etwas schwieriger, sodass wir zeitweise viele Kilometer entlang der Landstraßen radelten, da die Wege abseits der Hauptstraßen doch oft für ein schnelles Vorankommen nicht geeignet waren. Ab etwa Torreblanco nördlich Valencia wurde es dann wieder besser bzw. teilweise sehr gut fahrbar, vor allem die Stadt Valencia haben wir als absolut vorbildlich erlebt.
- Routennavigation (Komoot, GoogleMaps, Bosch Nyon): Wir benutzten drei verschiedene Navigationssysteme, keines war perfekt. Komoot scheint mir am besten geeignet, wenn man sich für eines entscheiden müsste. Allerdings navigierte es in Deutschland noch vorbildlich, je weiter wir in den Süden kamen wurde es manchmal doch etwas abenteuerlich. GoogleMaps war vor allem brauchbar, wenn es darum ging, entlang von Straßen zu fahren. Abseits der Straßen war die Navigation manchmal nicht zu empfehlen. Die Bosch-Navigation spielte sehr gut mit dem System des Fahrrads zusammen, aber die Optionen „MTB“, „schön“, „schnell“ erfüllten oft nicht unsere Erwartungen. Kleiner Tipp: Wenn da ein Umleitungsschild steht sollte man es in der Regel ernst nehmen, um sich unnötige Mehrkilometer zu ersparen ;-). Interessant: Die Pyrenäenüberquerung gestaltete sich als sehr gut fahrbar. Wir hatten davor doch etwas Respekt und planten für diesen Tag deshalb nur etwa 70 Tageskilometer ein.
- Das Wetter: Wir hatten nur ca. zwei Regentage, die wir teilweise für Pausentage nutzten. Zu über 90% war es zu warm für diese Jahreszeit. Wir hätten also einiges an Kleidung zuhause lassen können, aber das weiß man ja vorher nicht („Haben ist besser als Brauchen.“), und wir fuhren fast immer in kurzen Hosen und Kurzarmshirts. Größere Probleme mit dem Wind hatten wir zum Glück nicht.
- Die Unterkünfte: Wir buchten meist erst am Nachmittag, wenn absehbar war, wann wir ungefähr ankommen würden. Zwei Einzelzimmer zu buchen war meist kein Problem, vielleicht lag es auch daran, dass wir außerhalb der Hauptsaison unterwegs waren. Wir waren fast immer sehr zufrieden, das Preis-Leistungs-Verhältnis in allen drei Ländern stimmte (ca. 50 – 80 €/Nacht ohne Frühstück). Was ich allerdings anders machen würde: Nur um eine günstigere Übernachtungsmöglichkeit zu finden würde ich nicht mehr etwas ca. 20 km und mehr abseits der Route buchen. Beim nächsten Mal zahle ich lieber etwas mehr und übernachte entlang der geplanten Route. Negativerlebnis an einem Samstag: Die Buchung wurde bestätigt, aber es war niemand im Büro in Torreblanco erreichbar (Wochenende). Positiver Nebeneffekt: Wir konnten alternativ dann dort ein kleines Häuschen mit Dachterrasse für unter 60€/Nacht beziehen :-)).
- Essen und Trinken: Ein wichtiger Aspekt – nur bei ausreichender Nahrung- und Flüssigkeitsaufnahme ist eine solche Tour zu bewältigen. Das beginnt schon beim kalorienreichen Frühstück und dem Abfüllen der drei Trinkflaschen. Die Highlights waren oft die Abendessen: Nach entsprechendem Kalorienverbrauch tagsüber konnte man sich zusätzlich auch noch einen üppigen Nachtisch leisten. Trotzdem habe ich pro Woche etwa 3 kg abgenommen. Interessant: In Südfrankreich scheint alkoholfreies Bier in weiten Teilen unbekannt zu sein… Ansonsten waren aber meist ein oder zwei alkoholfreie Biere direkt nach der abendlichen Ankunft willkommene erste Flüssigkeits- und Elektrolyt-Spender. Problem nach der dreiwöchigen Tour: Drei Schoko-Croissants z. B. zum Frühstück und üppige Nahrungsaufnahme mittags und abends gehen garnicht mehr… Schade!
